In Dalmatien laufen die Uhren langsamer, hier ist alles Pomalo
Von 5 Grad und Schneeregen treffen wir auf Sommerwetter mit 25 Grad und strahlendem Sonnenschein. Auf einem Campingplatz in Kroatien lernen wir nicht nur Urlaub gegen Hand auf eine neue Weise kennen, sondern lassen uns auch gleich von einer ganz neuen Lebenseinstellung mitreißen.
Noch stark angeschlagen von allem erlebten, hofften wir, auf einer Reise durch Kroatien und einem kleinen sowie naturverbundenen Campingplatz etwas zu uns zu kommen. Direkt am Meer gelegen bekamen wir auf dem übersichtlichen Gelände des kleinen Camps mit alten Olivenbäumen ein ruhiges Plätzchen für unseren Van zugewiesen. Von einem netten Gast und Hundebesitzer erhielten wir auch gleich am ersten Tag die Empfehlung, den nahe gelegenen Nationalpark für Spaziergänge mit unseren Vierbeinern zu nutzen.
Schnell wurde es für uns zur täglichen Routine mit den Hunden frühmorgens unserer Runden durch den weitläufigen Park mit traumhaftem Badesee zu drehen, bevor sich die Mittagshitze mit knapp 40 Grad zu erkennen gab. Doch auch diese Temperaturen ließen sich problemlos aushalten. Keine zehn Meter vom Campingplatz entfernt, befand sich nämlich ein kleiner Steg, der uns mehrmals am Tag zum Springen in das kühle Salzwasser der Küste einlud.
Die Gesellschaft auf dem Campingplatz war ebenso gemütlich wie die Einstellung unseres Gastvaters. Mit den meisten urlaubsreifen Gästen sowie unserem - absolut ins Land integrierten - deutschen Hosts, verstanden wir uns super. Bei gemeinsamen Grillabenden unterhielten wir uns stundenlang über das Aussteigerleben und erfuhren die wildesten Geschichten aus aller Welt. Wir lernten über die Zeit viele Campingplatzgäste und Kroaten kennen, die das Leben zu genießen wissen und uns, wie auch unsere Hunde, mit einer unvorstellbaren Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit willkommen hießen.
In Kroatien wird das gemütliche Leben mit polako übersetzt. Die Dalmatiner haben dieses Wort noch einmal entschleunigt und daraus umgangssprachlich pomalo gemacht. Wenn es also alle Kroaten schon wirklich gemütlich angehen lassen, lassen es die Menschen in Dalmatien wirklich, wirklich, wirklich gemütlich angehen. Vor Wochen noch viel es uns sehr schwer unsere deutsche Pünktlichkeit und Strukturiertheit etwas aufzulockern, doch mittlerweile leben auch wir - schon fast integriert in das schöne Küstenland – viel erholter in den Tag hinein.
Besonders entspannend war für uns als klassisch deutsch Denkende auch die klare und eindeutige Arbeitsvereinbarung. Wasser und Strom bekamen wir zu jeder Zeit uneingeschränkt zur Verfügung gestellt und ein wöchentliches Taschengeld zum Einkaufen von Lebensmitteln wurde uns zuverlässig jede Woche auf die Hand gegeben. Dafür mussten wir lediglich die nicht besonders schöne aber auch nicht sonderlich anspruchsvolle Aufgabe übernehmen, die sanitären Einrichtungen des Campingplatzes in Schuss zu halten. Somit hieß es jeden Morgen und jeden Abend: Gummihandschuhe an und Klobrille hoch!
Eher durch Zufall haben sich über die Wochen noch weitere Möglichkeiten ergeben, etwas Taschengeld zu verdienen. Neben dem Säubern von kleineren Booten benötigte der Campingplatz neue Flyer sowie einen besseren Internetauftritt, den Jess als freiberufliche Grafikerin zu gestalten begann. So kam es, dass wir an zahlreichen Ausflügen mit dem Taxiboot des Campingplatzes teilnahmen, um fotografische Aufnahmen zu erstellen und Content zu entwickeln. Oft wurden wir dabei auch noch zum Essen eingeladen, durften den wunderschönen Sonnuntergang mit Gästen auf dem Wasser genießen und an Mondscheinfahrten teilnehmen. Alle Erfahrungen und Erlebnis, die wir bei den Ausflügen gesammelt haben, bereicherten uns in vielerlei Hinsicht.
Die absolute Erholung bekamen wir über die letzten Monate dennoch nicht geschenkt. Zu sehr hing uns all das Erlebte dann doch noch hinterher, als dass wir so schnell damit abschließen und aus ganzem Herzen zufrieden Aussteiger sein konnten. Doch das Fundament wurde uns durch diese Urlaub gegen Hand - Stelle definitiv gegeben. Auch wenn wir die letzten Wochen noch nicht soweit waren, den Frieden mit der Vergangenheit zu schließen, so sind wir doch auf einem verdammt guten Weg dahin gelandet.
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