Von dunkler Kleidung und erhellenden Momenten
Seit wir zurück in Kroatien sind, laufen wir nun schon drei Wochen ein und dieselbe Runde jeden Morgen. Heute war alles wie immer, zumindest für uns. Für Trolly brach allerdings die Welt zusammen, als er am Wegrand etwas entdeckte, das zuvor noch nie da gelegen war.
Eine stinknormale schwarze Jacke war es, die seine ungeteilte Aufmerksamkeit einforderte. In Sekundenbruchteilen brachte ihn das am Wegrand liegende Kleidungsstück komplett aus dem Konzept. Ähnlich wie bei kleinen Hunden oder schwarzen Katzen schien er in dem Stofffetzen eine starke Bedrohung zu sehen und legte den bekannten Schalter um. Völlig außer sich ließ er nicht mehr auf sich einwirken und hatte nur noch das feindliche Objekt im Visier. Er hing in seinem Geschirr, zog wie wild an der Leine, bellte und knurrte und stand vollkommen unter Strom. Als wir den morgendlichen Schreck überwunden hatten, beschlossen wir motiviert die Gassirunde zu verkürzen und etwas Zeit in eine Trainingseinheit zu investieren. Auf dem menschenleeren Feld nahmen wir uns seiner Angst an und brachten ihn mit den bekannten Trainingsmethoden aus unserer Reise durch Ungarn dazu, Distanz anstelle von Nähe aufzubauen. Es benötigte aber über zehn Meter Abstand zu der Jacke, bis Trolly begann wieder ansprechbar zu werden und Blickkontakt aufzunehmen. Stück für Stück ließen wir ihn näher an das Kleidungsstück heran, trainingstechnisch versprach dies natürlich wenig Erfolg, da keine Einflussmöglichkeit bestand, aber wir waren neugierig auf eine Konfrontation mit der schwarzen Jacke. Bei dem Stofffetzen angekommen stürzte sich Trolly mit beiden Vorderfüßen darauf und suchte verzweifelt nach dem Bösen in diesem leblosen Objekt. Mit jeder Sekunde, die wir ihn sich länger in seinen Wahn reinsteigern ließen, bekamen wir ihn schwerer von der Jacke weg. Es benötigte alle Manneskraft den 30 kg schweren Trolly aus der Situation herauszubekommen und erneut ansprechbar zu machen. Wirklich unfassbar, wie ein lebloses Kleidungsstück unseren Angsthund so aus der Fassung bringen kann. Auch uns fehlte beim Training natürlich der nötige Ernst, da es sich nicht um einen fremden Hund handelte, der zum Angriff hätte übergehen können. Es war nunmal schlichtweg einfach nur eine schwarze Jacke, mit der wir trainierten. Wieder einmal fragten wir uns kopfschüttelnd, was um alles in der Welt mit diesem Hund angestellt werden musste, um ihn derart zu triggern. Belohnen mit Leckerlies ließ sich Trolly selbst bei einer Distanz von fast 20 Metern immer noch nicht, dafür war er viel zu aufgebracht. Auch nach dem Weiterlaufen drehte er sich noch lange hektisch nach der gruseligen Jacke um und baute nur langsam im Laufe der Runde das aufgestaute Adrenalin ab.
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