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Reisetagebuch Kroatien 2/3

So kanns weitergehen


Schon über einen Monat sind wir jetzt im Paradies auf Erden. Beim tollsten Urlaub gegen Hand Angebot, dass wir uns je erträumt haben, stehen wir mit unserem Van nach wie vor auf einem Campingplatz in Kroatien. Unzählige interessante Bekannschaften haben wir gemacht, unglaublich atemberaubende Momente haben wir erlebt und unwahrscheinlich spannenden Geschichten haben wir gelauscht.


Mit all den Erlebnissen, die uns täglich begegnen, könnten wir mittlerweile schon fast ein Buch füllen. Wir versuchen jetzt einmal nur die Highlights der letzten Wochen aufzuzählen, von denen wir selbst noch das Eine oder Andere kaum glauben können.


Absolut begeistert waren wir bereits in den ersten Wochen. Als unser Host uns aber eines nachmittags zu einer Bootstour und Delfin-Watching einlud, entdeckten wir wieder ein Stück mehr vom Paradies. Es waren nette Gäste des Campingplatzes dabei und so genossen wir in angenehmer Gesellschaft die Bootsfahrt über die Adria. An diesem Tag entdeckten wir auf dem Wasser auch zum ersten Mal Delfine in freier Wildbahn. Ein kleines aber sportliches Schlauchboot war es, auf dem wir anschließend zu einer Bar am Strand fuhren, von der wir bereits schon viel gehört hatten. Die Schnecke, wie man sie in Dalmatien nennt, ist eine Bar, bei deren Eröffnung unser Host vor Jahren dabei gewesen war. Als Stammgast der Bar war er somit nicht nur bei Chef und Koch bekannt, sondern wurde auch schon von den Kellnern freundlich in Empfang genommen.


Das Besondere an der Bar war nicht nur die Flasche Schnaps auf jedem Tisch, die als kostenfreier Aperitif zur Verfügung stand. Über den ganzen Abend hinweg lud sie oft zum Nachschenken ein und wurde sogar gegen eine volle Flasche – ebenfalls kostenfrei – kommentarlos vom Kellner ausgetauscht. Für uns war ebenso faszinierend die Geschichte all der unzähligen bunten Bikini-Oberteile, die über der kompletten Bar verteilt an der Decke aufgehängt waren. Unseres Hosts zu folge konnten einige einheimische Gäste nach der Eröffnen der Bar vor Jahren ihre Rechnung nicht zahlen. Der Chef meinte damals, die Rechnung würde aufs Haus gehen, wenn die Frauen der Runde ihre Oberteile als Ausgleich dalassen.


Dieser Deal hatte sich schnell rumgesprochen und so beschlossen immer mehr weibliche Gäste, lieber ihr Oberteil in der Bar zu lassen, als die Rechnung zu zahlen. Der Schnecke hatte es offensichtlich keinen Abbruch getan, denn sie war am Abend unseres Besuchs so gut besucht wie eh und je. Neben fangfrischem Fisch gab es noch allerlei weitere Leckereien zu essen. Ganz besonders überraschte uns an diesem Abend unser Host, der die Rechnung für alle übernahm.


Nach diesem Abend dachten wir, dass wir noch kaum etwas Cooleres erleben werden, bis unser Host anfing, von Timon und Pumba zu reden. Diese Strandbar konnte ausschließlich mit dem Boot erreicht werden und war so gut wie nur bei den Einheimischen bekannt. Ganz ohne Gäste des Campingplatzes lud unser Host uns eines Abends zu einer kleinen Tour zur sensationellsten Bar Dalmatiens ein. Mit den Füßen im Sand saßen wir in Liegestühlen und schauten mit eiskalten Cocktails in den Händen der Sonne dabei zu, wie sie über dem Meer unterging. Der Vollmond zeichnete sich wenig später hinter den Bäumen der Insel ab, als die Bar immer leerer wurde und die Musik immer lauter. Auch bei den Kellnern dieser Bar war unser Host bekannt und stellte mal eben ein paar Musikwünsche vor, um noch ein wenig Stimmung zu machen, bevor Zapfenstreich war.


Zu coolem Rock tranken wir gemütlich aus und machten uns unter den Sternen der lauen Sommernacht auf dem Boot ganz langsam Richtung Campingplatz auf. Wir hatten dabei keinen Schimmer, in welche Richtung es ging oder wo genau wir überhaupt waren. Doch unser Skipper hatte den Durchblick. Er war die Strecke schon unzählige Male bei Nacht gefahren und konnte sich hervorragend orientieren. Er war zuhause auf dem Wasser und kannte es wie seine Westentasche. Somit hätte es uns eigentlich nicht wundern müssen, als er irgendwann, mitten im Nirgendwo, das Boot anhielt, sein T-Shirt auszog und einen Köpfer ins pechschwarze Nass machte.


Dieser Moment, in dem wir es ihm gleich taten und völlig ahnungslos in der dunklen Nacht – die nur vom Mond am Himmel beleuchtet wurde – in das schwarze Nass sprangen, war einer der unvergesslichsten Momente, den wir bisweilen erlebt haben. Der Puls schlägt beim Absprung bis zum Hals und es dauert auch eine ganze Weile, bis sich das wieder ändert. Nach dem Auftauchen aus dem kühlen Nass, regelt sich der Adrenalinpegel nur langsam mit den rhythmischen Schwimmbewegungen wieder ein und es wird einem klar, dass kein Hai aus dem schwarzen Nichts auftauchen wird, um einen zu fressen.

Ist der erste Schock erst überwunden, beginnt sich das schwarze Nass um einen herum, in eine Zauberleinwand zu verwandeln. Die wunderschönen Sterne leuchten in der Dunkelheit so hell und intensiv am Himmel, wie wir es zuvor noch nicht erlebt haben. Auch der Mond tanzt auf seine eigene magische Art und Weiße über die spiegelnde Oberfläche des Wassers, ganz so, als könne man einfach nach ihm greifen und sein strahlendes Licht im Wasser einfangen.


Beinahe wehmütig stiegen wir, nachdem uns unser Skipper aus der Traumwelt holte, wieder auf das Boot. Wir genossen die viel zu kurze Strecke bis an den Liegeplatz des Camps eng umschlungen und in schweigender Romantik.


Nach diesem Erlebnis waren die Grillabende auf dem Campingplatz mit den nächtlichen Erfrischungen am Ufer schon beinahe langweilig. Doch nur beinahe. Viel zu oft kriegen wir uns auch jetzt noch in die Wolle und fetzen uns immer wieder, obwohl es nicht notwendig wäre. Wir vergessen selbst viel zu oft, dass wir keine Aussteiger sind, die sich nach einer jahrelangen Beziehung dazu entscheiden, alle Leinen loszulassen.


Wir kennen uns erst seit unserem Ausstieg, der uns selbst auf eine ganz krasse Weise dazu gezwungen hat, uns mit uns auseinanderzusetzen. Neben all den unbekannten Seiten, mit denen wir nach unserem Ausstieg konfrontiert wurden, müssen wir uns auch noch täglich – auf 12 qm – mit den vollkommen unbekannten Eigenarten des jeweils anderen auseinandersetzten. Rückblickend gesehen hat uns das Schicksal ganz schön auf die Probe gestellt. Die Trauer, die Wut und auch der Prozess des Loslassens und Abnabelns aus dem alten Leben, haben es wirklich in sich. Da ist es kaum verwunderlich, wenn es hier und da immer mal wieder knallt. Wir haben uns aber eines richtig fest vorgenommen: Gemeinsam wollen wir uns gegenseitig bei diesem Prozess den nötigen Halt geben und aufeinander Rücksicht nehmen. Wir wollen diesen Weg gemeinsam beschreiten. Daran arbeiten wir beide jeden Tag, auch hier im Paradies


Wir haben uns bei all den Erlebnissen und Erfahrungen diesen Monat fest vorgenommen, auch Zeit zu zweit zu haben. Keine Zeit, in der gestritten wird, keine Zeit, in der getrauert wird, keine Zeit, in der gehirnt wird, sondern Zeit, in der gelacht, geliebt und gefeiert wird. Diese Zeit konnten wir uns nun auch endlich vor einigen Tagen nehmen. Sehr sinnbildlich – aber auch total verrückt – haben wir uns dazu entschlossen, zu der nahe gelegenen Liebesinsel zu schwimmen.


Wir konnten nur ahnen, wie weit sie wirklich vom Ufer entfernt liegt. Trotz des Rats unseres Hosts, diese Strecke als ungeübte Schwimmer nicht anzugehen, packten wir morgens einen wasserfesten Bag mit Handtüchern, Trinkwasser sowie einem kleinen Snack und machten uns auf den Weg. Wir schwammen eine gute halbe Stunde, bis die Hände schwer wurden und die Füße Steine zu spüren bekamen. Circa 2 km haben wir auf dem Wasser hinter uns gebracht, um einen paradiesischen Tag auf der Liebesinsel zu verbringen. Dieses kleine und unberührte Fleckchen Natur konnte in knapp einer Stunde umrundet werden und beherbergte außer Pinienbäumen und Ruinen aus der Römerzeit erstaunlicher Weise einige Kaninchen. Die flinken und scheuen Bewohner der Insel bekamen wir nur kurz zu sehen, bevor wir uns auf den höchsten Punkt begaben und einen traumhaften Ausblick genossen.


Die Zeit für uns hatte wahrlich Wunder bewirkt und der Entschluss war gefasst, neben all den spannenden Erlebnissen, der tiefen Trauer, aufgestauten Wut und den kreisenden Gedanken auf keinen Fall mehr die liebevolle Zeit zu zweit zu kurz kommen zu lassen.


Wie unsere Zeit im Paradies weiter - und schließlich auch zu ende - ging, kannst du im Artikel Reisetagebuch Kroatien 3/3 gerne nachlesen.


 


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